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Psychosom Konsiliarpsychiatr 4 2008 7 Abstract Acute lung injury (ALI) and acute respiratory distress syndrome (ARDS) define medical conditions of acute respiratory insufficiency deriving from direct and indirect damage of the alveolar parenchyma and often associated with multiorgan dysfunction (MODS). As a rule, intensive care is based on mechanical ventilation often requiring high doses of sedatives and narcotics. Despite major progress in intensive care medicine the rate of mortality is still very high. Whereas in the past the level of medical progress has been rated based on the mortality rate alone, the many negative somatic and psychological sequelae in long-term-survivors of ARDS are only now being appreciated. From a perspective of C/L psychiatry persisting cognitive dysfunctions, anxiety and mood disorders, posttraumatic stress disorders (PTSD) in their negative impact on health- In the etiopathogenesis of PTSD associated with ALI/ ARDS, many influences have to be discussed, e.g., increases in CO 2 triggering panic affects, a mismatch of norepinephric overstimulation and cortisol insufficiency, negative effects of high doses of benzodiazepines resulting in oversedation, prolonged phases of weaning and more frequent states of delirium. Consolidation and retrieval of traumatic memories of the ICU stay are influenced by complex factors. From a clinical point of view prophylactic stress doses of hydrocortisone may reduce the major risk of PTSD associated with ALI / ARDS. [27] . In den letzen 10 bis 20 Jahren gab es geradezu einen explosionsartigen Wissenszuwachs zur Pathophysiologie und Differenzialtherapie von MODS bis hin zur Aufdeckung molekularer Mechanismen. Neben Untersuchungen zu akuten Krankheitsstadien von ALI und ARDS zeichnen sich die mittel-und langfristigen Probleme eines Überlebens aber ebenfalls immer deutlicher ab. Auf einer somatischen Ebene sind vor allem ein reduziertes Körpergewicht, eine eingeschränkte körperliche Belastungsfähigkeit, persistierende Schmerzsyndrome, Neuropathien, heterotrophe Ossifikationen, kosmetisch störende Narben von Tracheostomien, fixierte Deformationen an Fingern und Schulter hervorzuheben [15] . Hiermit assoziierte bedeutsame Einbußen in der gesundheitsbezogenen Lebensqualität sind im Langzeitverlauf zu beachten [1] . In einer konsiliarpsychiatrischen Perspektive sind die vielfältigen psychopathologischen Komplikationen, die eine schwerwiegende somatische Erkrankung wie ARDS oder septischer Schock sowie deren intensivmedizinische Therapiemodalitäten während des Aufenthalts auf einer Intensivstation begleiten können, seit langem bekannt [42] . Die langfristigen psychosozialen und psychologischen Probleme als Konsequenzen aus dieser Erkrankung und dem notwendigen intensivmedizinischen Behandlungskontext werden in Studien erst in den letzten Jahren zunehmend stärker beachtet. Diskutiert wird vor allem eine erhöhte psychiatrische Komorbidität hinsichtlich neurokognitiver Dysfunktionen, Angst-und Stimmungsstörungen und speziell Posttraumatischer Belastungsstörungen. Negative Interferenzen sowohl mit der gesundheitsbezogenen Lebensqualität als auch mit der somatischen Morbidität werden erkennbar. Einflussfaktoren auf diese komplexen somatopsychischen und psychosomatischen Zusammenhänge zeichnen sich erst allmählich ab. Dies gilt auch für die Erprobung therapeutischer und präventiver Interventionsstrategien. Überlebende einer akuten respiratorischen Insuffizienz im Rahmen eines ALI oder ARDS weisen ein signifikant erhöhtes Risiko für anhaltende neurokognitive Dysfunktionen im Langzeitverlauf auf. Hierauf machte bereits eine frühere neuropsychologische Studie aufmerksam [18] . Mittlerweile existieren mehrere Untersuchungen von unterschiedlichen Arbeitsgruppen zu diesem Thema. Sie bestätigen, dass eine Subgruppe von früheren ARDS-Patienten in der Tat persistierende kognitive Leistungseinbußen zeigt [17] . Die Prävalenzzahlen schwanken zwischen einem Drittel und ca. drei Viertel der Überlebenden eines ARDS. Zahlreiche methodologische Probleme erschweren aber die Interpretation dieser stark divergierenden Häufigkeitsangaben. Nicht selten ist die Unterscheidung von Daten zur Prävalenz und zur Inzidenz unmöglich, da in den Studien nur ausnahmsweise Informationen zur prämorbiden kognitiven Performanz enthalten sind. Dies ist von Bedeutung, da in einigen Bedingungskonstellationen wie z. B. einer vorbestehenden Alkoholabhängigkeit nicht nur ein erhöhtes Risiko zu einem ARDS selbst besteht, sondern auch eigenständig kognitive Dysfunktionen assoziiert sein können. Ebenso bleibt unklar, ob eher spezifische kognitive Leistungsdomänen wie Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit oder Exekutivfunktionen oder überwiegend das globale kognitive Leistungsvermögen diffus durch den somatischen Krankheitsprozess und/oder interferierende Therapiemaßnahmen negativ beeinflusst werden. Auch wenn zahlreiche Variable wie Hypoxie, Delir, Glukosedysregulation, metabolische Entgleisung, Inflammation, Medikamenteneffekte von Sedativa und Narkotika mögliche und auch wahrscheinliche Mechanismen einer Vermittlung dieser kognitiven Beeinträchtigungen andeuten, ist eine differenzielle ätiopathogenetische Bewertung noch nicht möglich. Der sich in einigen Studien andeutende spezielle Zusammenhang von deliranten Zuständen während der intensivmedizinischen Behandlung und kognitiven Defiziten in der Langzeitperspektive stellt sich wiederum in anderen Untersuchungen nicht so klar dar [33] . Von großer klinischer Relevanz allerdings erscheint, dass diese dauerhaften neurokognitiven Defizite mit signifikanten Einschränkungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, der beruflichen Rehabilitation sowie mit beachtlichen ökonomischen Kosten einhergehen [11, 17, 32] . Nach intensivmedizinischen Behandlungen wegen eines ARDS liegt die Inzidenz einer neu auftretenden Major Depression bei ca. 25% [44] , nach SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome im Kontext einer Infektion mit dem SARS-Coronavirus) in einem ähnlich hohen Umfang [26, 48] . Die Rate an Angststörungen, vor allem an Panikstörungen ist ebenfalls deutlich erhöht und bewegt sich zwischen 25 bis 50% [7, 43] . In einer konsiliarpsychiatrischen Perspektive überwiegen Angststörungen eher schon während der unmittelbaren intensivmedizinischen Behandlung, während depressive Störungen sich erst allmählich gegen Ende des Aufenthalts auf Intensivstation und in der weiteren Folge darstellen. Nicht selten kann bei letzteren auch bereits prämorbid eine depressive Vulnerabilität nachgewiesen werden [42] . In einer allgemeinen ätiopathogenetischen Betrachtung darf nicht allein auf die Bedingungen von ALI/ ARDS und intensivmedizinische Interventionen fokussiert werden, sondern ist eine multifaktorielle Betrachtungsweise zu fordern. Somatische Folgezustände nach überlebtem ALI/ARDS bedeuten für viele Patienten erhebliche Funktionsbehinderungen (s. oben). Sie können Pessimismus, Resignation und Demoralisierung fördern. Sowohl Angst als auch Depression bewirken im Verlauf sehr häufig eine subjektive Befundverschlimmerung, ohne dass hiermit auch objektivierbare Verschlechterungen der Lungenfunktionsparameter einhergehen müssen. Sie führen zu einer erhöhten Inanspruchnahme von medizinischen Einrichtungen und zu einer unnötig intensivierten medikamentösen Therapie. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität ist oft gerade infolge persistierender Angst und Depressivität dramatisch reduziert [6] . Im Kontext einer Betrachtung von affektiven und vor allem von Angst-und Panikstörungen nach ALI und ARDS ist in den letzten Jahren eine klinische und wissenschaftliche Diskussion auch um ein erhöhtes Risiko einer Posttraumatischen Belastungsstörung als möglicher Langzeitfolge entstanden. In einer ersten retrospektiven Untersuchung wiesen Schelling et al. [40] bei insgesamt 100 Patienten (80 Patienten nach ARDS und 20 nach septischem Schock) ca. 6 Jahre nach der Erkrankung auf eine Prävalenz von ca. 30% an schweren posttraumatischen Stresssyndromen hin. Prävalenz und Schweregrad der in einem Selbstfragebogen (PTSS-10) erfassten posttraumatischen Stresssymptome korrelierten in dieser Studie nicht mit dem Schweregrad von ARDS/septischem Schock oder dem Ausmaß der assoziierten Organdysfunktionen sondern mit der von den Patienten nach Intensivbehandlung jeweils erinnerten Anzahl traumatischer Erlebnisse (definiert als Angst / Panikreaktionen, Atemnot, Schmerz und Alpträume / Halluzinationen). Patienten mit multiplen (>2) traumatischen Erfahrungen während der intensivmedizinischen Behandlung zeigten eine signifikant schlechtere gesundheitsbezogene Lebensqualität, wobei insbesondere die psychosoziale, weniger die körperliche Funktionsfähigkeit der Patienten eingeschränkt war. Kapfhammer et al. [22] bestätigten an derselben Patientenpopulation in einer nachfolgenden konsiliarpsychiatrischen Studie, die sich methodisch auf ein standardisiertes klinisches Interview mittels SCID sowie auf verschiedene psychometrische Tests stützte, im Wesentlichen diese Zusammenhänge. Zum Zeitpunkt der Entlassung von der Intensivstation hatten 43,5% dieser Patienten das Vollbild einer PTSD, 8,9% wiesen eine sub-PTSD auf. Zum Follow-up Termin acht Jahre später zeigte sich bei noch 23,9% das Vollbild eines PTSD und bei 17,8% ein sub-PTSD. Kein Patient ohne posttraumatische Symptome bei der Entlassung hatte eine PTSD mit verzögerter Manifestation entwickelt. Bei Patienten mit PTSD-Vollbild zum Zeitpunkt der Entlassung persistierte diese Störung über die gesamte Follow-up Zeit und schwächte sich im günstigeren Fall in Richtung eines sub-PTSD ab. In der psychometrischen Testung erzielten die Patienten mit dem Vollbild einer PTSD durchwegs ungünstigere Resultate. Die deutlichsten Einbussen zeigten sich in der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (SF-36), der Situationsangst (STAI-X1) sowie der Somatisierung (SOMS). Das Ausmaß an koexistenter Depressivität (MADRS) erschien in dieser Gruppe vergleichsweise nur moderat auffällig. Kognitive Dysfunktionen (SKT) waren zwar in einer Subgruppe nachweisbar, diskriminierten aber nicht hinsichtlich des PTSD-Status. Als Risikofaktoren für die Entwicklung eines PTSD konnten nicht die Schwere der somatischen Erkrankung (APA-CHE II Score, Lung Injury Score), aber die Anzahl der Tage der intensivmedizinischen Therapie sowie multiple subjektive traumatische Erinnerungen (> 2 Alpträume, Angst/Panik, respiratorischer Distress, Erstickungsgefühle oder unzureichend behandelte Schmerzen) auf Intensivstation identifiziert werden. Mittlerweile existiert eine Reihe weiterer Studien aus unterschiedlichen Arbeitsgruppen, deren Ergebnisse in mehreren systematischen Reviews detailliert dargestellt sind [7, 14, 19] . In einer zusammenfassenden Beurteilung scheint wenig Zweifel daran zu bestehen, dass persistierende Symptome eines PTSD mögliche Langzeitfolgen nach ALI/ARDS sein können und hiermit erhebliche Einschränkungen in der gesundheitsbezogenen Lebens-qualität einhergehen. Ebenso klar muss aber festgehalten werden, dass große Unterschiede in den Designs der einzelnen Studien, ihr überwiegend retrospektiver Charakter, meist nur sehr kleine Sample-Größen, heterogene Messzeitpunkte im Hinblick auf den Zeitabstand zur intensivmedizinischen Behandlung, ein erheblicher Verlust von Patienten in der Perspektive des Follow up und damit fragliche Generalisierbarkeit der gefundenen Ergebnisse hinsichtlich der definierten Ausgangsstichprobe, eine häufig unzureichende psychiatrische Diagnostik, eine Nichtbeachtung von zwischenzeitlichen Einflussfaktoren eine realistische Einschätzung des Ausmaßes eines PTSD nach ALI/ ARDS etwa im Vergleich nach Exposition gegenüber anderen traumatischen Ereignissen noch nicht erlauben. Diese Zurückhaltung ist auch im Hinblick auf diskutierte Risikovariablen wie Länge des Aufenthalts auf Intensivstation und Krankenhaus, Beatmungsdauer, Sedierungsgrad, weibliches Geschlecht, Lebensalter, prämorbide Psychopathologie, Anzahl traumatischer Erinnerungen, verfügbare psychosoziale Unterstützung angezeigt [9, 11] . Über neurobiologische Mechanismen der Traumatisierung und der Entwicklung eines PTSD jenseits der oft beeindruckenden subjektiven Berichte von Patienten, an welche traumatische Erfahrungen sie sich während einer intensivmedizinischen Behandlung erinnern und sowohl in intrusiven Tagesbildern als auch in wiederkehrenden Alpträumen oft über viele Jahre wiedererleben, kann vorläufig nur in ersten Ansätzen diskutiert werden. Einige Aspekte sollen aufgenommen werden. Nach der prominenten Hypothese von Klein [23] ist das Auftreten von Panik pathophysiologisch auf einen falschen Erstickungsalarm zu beziehen. Panikattacken resultieren demnach aus einer abnorm sensitiven Reagibilität des medullären Chemorezeptorensystems, dem entscheidenden Atmungskontrollsystem im Hirnstamm auf ein ansteigendes arterielles Carbondioxid (CO 2

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