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PubMed-ger:27340391 JSONTXT

Aufgrund des Fortschritts der Neurowissenschaften steigen die Erwartungen an die Anwendung von Arzneimitteln in psychiatrischen Kliniken – auch gegen den Willen der Patienten. Im vorliegenden Artikel gehen wir der Frage nach, ob die Neurowissenschaften und innovative Psychopharmaka Patienten mit psychischen Erkrankungen tatsächlich helfen. Dabei konzentrieren wir uns auf die Sicht der Patienten und deren Erfahrungen mit (zwangsverabreichten) Psychopharmaka. Bei der Analyse einer Patientengeschichte wird deutlich, dass auch noch andere Aspekte als die medikamentöse Behandlung bei der Heilung psychischer Erkrankungen eine Rolle spielen. Im täglichen Leben sind bei der Auseinandersetzung mit einer psychischen Erkrankung Themen wie das Zurechtkommen, Rehabilitation und soziale Unterstützung für die Patienten von großer Bedeutung. Das bedeutet zwar, dass der Fortschritt der Neurowissenschaften für die klinische Praxis als positiv zu bewerten ist, nicht aber, dass allein (zwangsverabreichte) Medikamente zur Genesung des Patienten führen. Allein die richtige Medikation zu finden erfordert ein Vertrauensverhältnis zwischen Psychiater und Patient. Es geht aber auch um soziale Aspekte wie das Gefühl der Anerkennung als Person, Zugehörigkeit, Eigenverantwortung, Freundschaften und Vertrauen gegenüber anderen Menschen. Diese Erkenntnisse lassen die Schlussfolgerung zu, dass der Umgang mit psychischen Erkrankungen sehr viel komplexer ist als das von den biomedizinischen Modellen der Neurowissenschaften suggeriert wird, und dass eine Einbeziehung des sozialen Kontexts der Patienten für den Heilungsprozess unerlässlich ist.

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